Nun sind wir schon am 6. Tag der Blogtour angelangt. Das Buch „Unter schwarzen Federn“ von Sabrina Schuh bewegt uns Leser und verbindet wichtige Themen, die gesellschaftlich leider immer noch teilweise untergehen, miteinander.
Nachdem gestern genau darüber, wie die Gesellschaft mit diesem Thema umgeht, gesprochen wurde, lasse ich heute Menschen an das Thema ran, die es betrifft. Im Anschluss gibt es noch ganz besondere Gewinne für euch ;-)
Es gibt jede Menge Klischees über Psychiatrien und einige davon möchte ich heute mit einer ehemaligen Patientin und einer Mitarbeiterin einer Psychiatrie durchgehen.
Beide Personen kommen aus meinem engsten Kreis, haben selbst aber weniger miteinander zu tun. Außerdem möchte ich dazu sagen, dass die Patientin noch nie in einer Einrichtung war, wo die Mitarbeiterin arbeitet.
Bei der ehemaligen Patientin handelt es sich um meine Schwester Julia. Sie war mehrfach in verschiedenen Psychiatrien untergebracht. Unter anderem wegen Suizidalität (Selbstgefährdung), einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, einer posttraumatischen Belastungsstörung, Depressionen, Angstzuständen, Panikattacken, dissoziativen Zuständen, Platzangst und Angst vor Menschen ging sie teils freiwillig in eine Einrichtung, wurde aber auch mehrfach von der Polizei eingewiesen. (Da nicht alle wissen, was diese Bezeichnungen bedeuten habe ich die Wörter mit Wikipedia verlinkt)
Nun zu unseren Klischees, die von Julia beantwortet werden:
1. Es gibt nur Verrückte in der Psychiatrie, die die Augen verdrehen und komische Geräusche von sich geben.
Es gibt keine verrückten Menschen in der Psychiatrie, nur Menschen, die sich vor der Umwelt „draußen“ schützen wollen. Und ja, es gibt Menschen, die bei bestimmten Krankheiten oder falschen Medikamenten Geräusche von sich geben.
2. Man wird gegen seinen Willen eingesperrt.
Das kommt darauf an: Ob du dich selbst eingeliefert hast oder ob du zum Beispiel von der Polizei zwangseingeliefert wurdest. Wenn du dich selbst z.B. wegen Suizid Gedanken eingeliefert hast, dann macht die Psychiatrie alles dafür, dass du bleibst, bis du für dich oder andere keine Gefahr mehr bist. Natürlich kannst du dich in einem solchen Fall trotzdem selbst entlassen, aber wenn die Ärzte glauben, dass du eine Gefahr darstellst, dann können sie dich dort behalten.
3. Es gibt gepolsterte Räume und die Patienten tragen Zwangsjacken.
Ja, es gibt tatsächlich Isolationsräume mit gepolsterten Wänden und ohne Fenster. Das dient laut den Ärzten zum Eigenschutz. Zwangsjacken habe ich noch keine gesehen, allerdings kommt es schon vor, dass Patienten am Bett fixiert werden.
4. Das Personal ist unfreundlich und böse.
Überall gibt es unfreundliches Personal, aber meistens sind sie ganz nett. Ich habe aber auch schon unerträgliche Pfleger kennengelernt, die kein Verständnis zeigten.
5. Wenn man in die Psychiatrie kommt, dann haben die Eltern versagt.
Das hat nicht immer was mit den Eltern zu tun! Nein, in den meisten Fällen haben die Eltern nicht versagt.
6. Die Türen der Patientenzimmer sind immer verschlossen und die Patienten sind voneinander abgeschottet.
Nein, diese Türen sind offen. Jedoch sind sowohl die Fenster als auch die Türen nach draußen verschlossen und natürlich die Isolationsräume. Außerdem sind die Patienten nicht voneinander abgeschottet. In der Erwachsenenpsychiatrie waren 2 Betten im Zimmer und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gabe es 2 Hochbetten, also insgesamt 4 Schlafplätze in einem Raum.
7. Die Patienten tragen alle weiße Nachthemden.
Das ist Quatsch. In der Regel tragen die Patienten ihre eigene Kleidung. Wenn sie natürlich als Notfall eingeliefert wurden und nichts zum Anziehen dabei haben, dann bekommen sie ein Nachthemd vom Krankenhaus bis die Familie oder Freunde etwas vorbei gebracht haben.
Und hier erzählt uns eine Mitarbeiterin etwas über die freiwillige oder unfreiwillige Einlieferung, die Behandlung von Patienten und den Alltag:
Überwiegend kommen die Patienten freiwillig in die Psychiatrie. Die geschlossene oder auch geschützte Station ist immer nur vorgesehen für eine Akutbehandlung. Wenn es den Patienten besser geht, dann können sie auf eine offene Abteilung zur Weiterbehandlung verlegt werden.
Unsere Patienten sind häufig Menschen, die für sich oder andere eine Gefahr darstellen. Oft haben sie Suizidgedanken oder auch schon Suizidversuche hinter sich. Auch Patienten mit einer Suchterkrankung kommen als Vorbereitung auf eine Therapie zu uns. Teilweise werden aber auch ältere Patienten mit zum Beispiel Demenz zu uns gebracht, weil sie aggressiv sind und dann mit Medikamenten ruhig gestellt werden müssen, damit sie leichter zu händeln sind und auch hier weder für sich noch für andere eine Gefahr darstellen.
Wenn Patienten von der Polizei oder dem Rettungsdienst gebracht werden, dann haben wir die Möglichkeit sie für 24 Stunden unterzubringen. Sollte ein längerer Aufenthalt nötig sein, so muss das von einem Richter entschieden werden.
Sollten Patienten gewalttätig sein oder eine Gefahr für sich selbst darstellen, dann kann er ans Bett fixiert werden. Hier gibt es die 3-Punkt-Fixierung (Bauch, rechter Arm, linkes Bein) oder die 5-Punkt-Fixierung (Bauch, beide Arme, beide Beine).
Wir geben Patienten ihre Medikamente, aber eine Zwangsmedikation ist verboten. Wenn ein Patient nein sagt, dann heißt es auch nein, außer es wurde von einem Gericht angeordnet.
Im Großen und Ganzen versuchen wir den Patienten aber ein wenig Struktur in ihren Alltag zu bringen. Wir sprechen viel mit ihnen, gehen mit ihnen spazieren oder spielen Gesellschaftsspiele.
Ich finde das waren zwei spannende Ansichten und danke euch beiden sehr für eure Teilnahme. Die Interviews waren anfangs weitaus länger, aber um den Beitrag nicht zu „überspannen“ musste ich sie leider kürzen. Zu guter Letzt gibt es für euch noch die Möglichkeit etwas zu gewinnen:
Hauptpreis: Eine Decke, eine Zaubertasse (Tasse verändert sich, wenn man etwas reinschüttet) und ein signiertes Print von „Unter schwarzen Federn“
Trostpreise: 3 eBooks im Wunschformat von „Unter schwarzen Federn“
Dafür müsst ihr mir nur eine Aufgabe erfüllen:
Welche Frage würdet ihr Julia oder der Mitarbeiterin gerne stellen?
oder
Welche Klischees habt ihr über Psychiatrien?
Gewinnspiel endet am 15.05.2018 um 23:59 Uhr. Gewinnerbekanntgabe hier.
Natürlich möchte ich euch nicht die spannenden Beiträge der anderen Blogs vorenthalten:
05.05. Erwartungen bei Sabrina von Binchen’s Bücherblog
06.05. Mobbing und ich bei Annabel von Bookdemon
07.05. Mobbing leicht gemacht bei Isabel von Bücherlilien
08.05. Unperfekt perfekt bei Jeanette von Eine Bücherwelt
09.05. Ich bin anders – na und? bei Lina von Memories of Books
10.05. Stigmatisierung psychischer Erkrankungen bei Nicki von Nickis Bücherwelt
11.05. Weg mit den Klischees?! bei mir :-D
12.05. Totschweigen leicht gemacht bei Lena von Awkward Dangos
13.05. Märchenadaption – Braucht man das oder kann das weg? bei Sharon von Bücherschrank
14.05. Ziel erfüllt? bei Sabana von Buchjunkie
23 Kommentare zu “Experiment Blogtour – Unter schwarzen Federn – Weg mit den Klischees?!”
Pingback: Unter schwarzen Federn von Sabrina Schuh | Passion4Books
Tine
Hey,
ich finde deinen Beitrag echt toll und mutig von deiner Schwester, damit so offen umzugehen. Diese Klischees sind echt schlimm! Ich hatte noch nie was mit Psychatrien zu tun, aber was in Filmen oder Büchern dargestellt wird, ist echt übertrieben bzw. war bestimmt früher mal so. Ich glaube, damals wars echt schlimm dort und man hat den Menschen nicht geholfen, sondern nur eingesperrt. Wie wird einem dann speziell geholfen? Hat man dann täglich/regelmäßig Einzeltherapie?
lg, Tine =)
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Passion4Books
Liebe Tine,
heutzutage versucht man glücklicherweise doch den Menschen zu helfen. Früher wurden sie tatsächlich nur eingesperrt bzw. weggeschlossen, damit die heile Gesellschaft nichts davon mitbekommt. Früher waren psychisch kranke Menschen auch eher eine Schande für die Familie.
Heutzutage bekommt man auf die Patienten abgestimmte Therapien. Natürlich regelmäßig, allerdings kommt es natürlich auch auf die Patienten an inwiefern sie kooperativ sind. Sie müssen natürlich offen dafür sein.
LG Anna
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Sarah Trimagie
Einen schönen Dienstag dir,
ein sehr wichtiger Beitrag.
Ich habe irgendwie keine sonderlichen Klischees über Psychiatrien. Vielleicht sehe ich zu wenige übertriebene Filme darüber. ;-)
Im Buch „Träume voller Schatten“ von Christina Löw aus der Märchenspinnerei bekommt man übrigens auch noch einen weiteren interessanten Einblick.
Liebe Grüße
Sarah
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Passion4Books
Liebe Sarah,
danke für den Buchtipp :-)
Liebe Grüße
Anna
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Vanessa
Hallöchen,
in Filmen wird eine psychatrische Klinik immer sehr gruselig dargestellt. Zimmer die kalt und kahl eingerichtet sind, graue/weiße Wände die sehr viel Kälte und Trostlosigkeit ausstrahlen. Ist es wirklich so?
Liebe Grüße
Vanessa
vanessaliest@gmx.de
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Tanja Wertebach
Danke für den wichtigen Beitrag! Eine Frage habe ich nicht.
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Christina P.
Moin!
Ich finde, das war mal ein sehr wichtiger Beitrag von dir! Früher dachte ich auch, in der Psychiatrie würden alle im Pyjama rumlaufen wie im Krankenhaus und das Pflegepersonal wäre ähnlich dem im Krankenhaus: distanziert und überfordert. Seitdem eine Freundin jedoch wegen Panikattacken u.a. in der Psychiatrie war weiß ich, wie es dort aussieht, da sie mir davon berichtete. Schade nur der Vorfall, zu dem es erst kommen musste, dass ich mein Wissen korrigieren konnte.
LG Christina P.
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Ilona
Ich hätte da so bissel meine Bedenken.
Es ist sind ja die verschiedensten Patienten da untergebracht.
Wird da nicht einer mehr verrückt gemacht als er ist.
Ich meine da leidet jemand unter Verfolgungsangst und ein anderer macht es noch schlimmer.
Jedenfalls kommt das in Filmen manchmal so vor.
Ilona
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Passion4Books
Das ist eine gute Frage. Ich denke, dass die Ärzte im Vorhinein auch Diagnosen stellen, sodass darauf eingegangen werden kann. Aber in Filmen wird alles oft übertriebener dargestellt als es in Wirklichkeit ist. Ich denke, Filme fördern die Klischees oft noch.
Liebe Grüße
Anna
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Kristin
Hallo Anna! Finde ich gut dass du dies zum Thema machst. Ich arbeite in einer Kinder und JugendPsychiatrie und denke dass es wirklich sehr oft um Struktur und auch um Grenzen geht.
Schön wäre es wenn die Gesellschaft vor psychischen Erkrankungen nicht mehr so viel angst hätte und psychisch kranke menschen genauso geholfen werden würde wie körperlich kranken. Leider ist dies ja gerade durch DatenSpeicherung von psychisch kranken menschen eher auf dem Rückzug.
Danke nochmal für die Diskussion!!
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Passion4Books
Danke für deinen Kommentar :-) Ich denke auch, dass das wichtig ist und viel zu wenig beachtet wird. Mit solchen Aktionen versuchen wir, dass es ein wenig mehr in den Fokus rückt.
Liebe Grüße
Anna
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Zeljka Ilic
Huhu :)
Wow! Vielen Dank, dass du all dies mit uns geteilt hast! Das ist sehr mutig von dir und deiner Schwester.
Ich habe keine konkrete Vorstellung. Doch ich kann mir recht gut vorstellen, dass es so ähnlich, wie in einem krankenhaus zugehen sollte.
Ganz liebe Grüße an euch beide :)
Zeki von books-dreamland
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Passion4Books
Ja, das ist wahr. Im Prinzip ist es auch nichts anderes. Den Menschen wird ebenfalls geholfen, sie haben nur seelische Schmerzen statt körperliche (obwohl sie auch oft körperlich werden können). Ich denke, dass es in der Psychiatrie etwas persönlicher ist, weil versucht wird mit den Patienten zu reden um ihnen zu helfen.
Meine Schwester geht ganz offen damit um, es ist ein Teil unseres Lebens und ich denke, man muss sich nicht verstecken, auch wenn es noch viele Menschen gibt, die leider Vorurteile oder sogar Angst haben.
Liebe Grüße zurück :-)
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Elias
Hallo,
ich stelle es mir gruslig vor, in Filmen sitzen alle da und summen und wippen vor und zurück.
Ist es so unheimlich?
Grüße Elias
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Passion4Books
Hallo Elias,
meine Schwester sagt, dass es nicht unheimlich ist und bis jetzt hat sie dort auch noch keine summenden und wippenden Menschen gesehen :-D
LG Anna
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karin
Hallo und guten Tag,
in meiner Gegend gibt es auch eine solche Einrichtung und das Klischees von vergitterten Fenster gibt es da zumindest nicht…liegt landschaftlich gesehen in einer schönen Lage.
LG..Karin..
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Passion4Books
Das ist ja schön für die Patienten, dann finden sie da bestimmt Ruhe.
LG Anna
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Manuela Schäller
Guten Morgen,
ich wohne nicht weit von einer solchen Klinik.
Oft versuchen die Patienten da abzuhauen und das stellt ja eine Gefahr für für die Mitmenschen dar, in manchen Fällen zumindest.
Bekommen diese Patienten Freigang, das ist ja manchmal nicht OHNE ?
LG Manu
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Passion4Books
Hallo Manu,
ist das eine geschlossene? Haben es schon Patienten geschafft dort abzuhauen? Ich denke, es kommt immer ganz auf die Menschen an und aus welchen Gründen sie drin sind. Oft sind sie ja auch freiwillig da.
Wie du im Beitrag lesen kannst, gehen die Pfleger bzw. Krankenschwestern auch mit den Patienten spazieren, also sind sie in Begleitung draußen unterwegs.
Wenn die Menschen für sich oder andere eine Gefahr darstellen, dann bekommen sie natürlich keinen Ausgang.
Ist das eine geschlossene Psychiatrie in deiner Nähe?
LG Anna
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Manuela Schäller
Huhu,
ja das ist ein riesen Gelände dort sind verschiedenste Stadtionen, von Sucht bist Fenster mit Gittern..
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aleshanee75
Guten Morgen!
Kennst du schon unsere Gruppe für Blogtouren auf Facebook? Vielleicht magst du ja mal vorbeischauen?
Wir verlinken dort alle aktuellen Blogtouren mit den Beiträgen, es laufen ja immer so viele, da verpasst man leicht etwas …
https://www.facebook.com/groups/981737925190683/
Eure Tour ist dort auch verlinkt ;)
Liebste Grüße, Aleshanee
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Passion4Books
Guten Morgen Aleshanee,
die Gruppe kenne ich noch gar nicht, danke für den Tipp. Habe gleich mal eine Anfrage gestellt.
Liebe Grüße
Anna
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